Definition
Als sexuellen Missbrauch bezeichnet man strafbare sexuelle Handlungen an sogenannten ‚widerstandsunfähigen‘ Personen. Damit sind Minderjährige gemeint, aber auch Menschen mit Beeinträchtigung, Hilfsbedürftige oder Gefangene. In einigen Fällen betrifft das auch Menschen, die in einem bestimmten Betreuungsverhältnis zueinander stehen, wie z. B. im Rahmen einer Psychotherapie. Voraussetzung ist, dass die Handlungen ohne deren Einverständnis vorgenommen werden. Ein Einverständnis setzt natürlich voraus, dass die Person in der Lage ist, einer solchen Handlung zuzustimmen und deren Konsequenzen zu überblicken.
In der Forschung zu sexuellem Missbrauch an Kindern wird zwischen engen und weiten Definitionen unterschieden. Enge Definitionen beziehen lediglich Taten ein, über deren Schädlichkeit Einigkeit herrscht, also die mit körperlicher Gewalt oder Drohungen erzwungenen sexuellen Handlungen gegen den Willen des Kindes. Dagegen fassen weite Definitionen auch die potentiell schädlichen Handlungen als sexuellen Missbrauch auf.
Wir entscheiden uns bewusst für eine weite Definition, wie sie z. B. Dirk Bange vorschlägt:
Demnach ist sexueller Missbrauch jede sexuelle Handlung an einem Kind, die entweder gegen dessen Willen vorgenommen wird oder der es nicht wissentlich zustimmen kann, da körperlich, psychisch, kognitiv oder sprachlich unterlegen ist. TäterInnen nutzen ihre Macht- und Autoritätsposition aus um eigene Bedürfnisse auf Kosten eines Kindes zu stillen. (Bange 2007)
Einvernehmliche Sexualität zwischen Kindern und Erwachsenen kann es also nicht geben und ebenso kann ein Missbrauch nicht versehentlich passieren. Sexueller Missbrauch ist eine willentliche Handlung des Täters oder der Täterin.
Vom deutschen Strafgesetz her betrachtet, verstößt die missbrauchende Person gegen das Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung. Das kann – juristisch gesehen– auf zwei Arten passieren: eine sexuelle Handlung wird gegen bzw. ohne den Willen der betroffenen Person ausgeführt, oder eine sexuelle Handlung wird mit der scheinbaren Einwilligung der betroffenen Person ausgeführt, wobei der Täter / die Täterin die mangelnde Einwilligungskompetenz des Opfers ausnützt. Bei Kindern und Jugendlichen geht man davon aus, dass diese Einwilligungskompetenz grundsätzlich nicht vorliegt.Die Strafbarkeit und Strafmaße sind im Strafgesetzbuch §174-184 geregelt.